Freitag, 11. Juni 2010

Berliner Mauer-WC in Las Vegas



In diesen semi-öffentlichen Toiletten in einem Casino in Las Vegas paart sich Funktionalität mit Geschichte, denn die Pissoirs sind an echten Überresten der Berliner Mauer befestigt und man erkennt noch die original Graffitis aus der Zeit der Zweiteilung zwischen DDR und BRD. In dem Klo finden sich somit nicht nur zeitliche Sprünge, sondern auch in besonderem Maße räumliche Distanzen, die überbrückt werden. Der Triumph über den Kommunismus mit dem Fall der Berliner Mauer wird daher in diesem WC zelebriert und der Benutzer pinkelt jenem buchstäblich ans Bein. Dabei bleibt nicht zu vergessen, dass die Graffitis an der Berliner Mauer oftmals eine politische Meinungsäußerung in einem Staat darstellten, bei dem Überwachung und Bespitzelung an der Tagesordnung war und andersgesinnte Meinungen zu Verhaftungen führen konnten.

Gerade das Verpflanzen eines historischen Objekts mit starker politischer Konnotation in ein Land, das als Wiege des Kapitalismus gilt, besonders in eine Stadt, die als Touristenmagnet durch legales Glücksspiel dient, werden unverträgliche Orte miteinander kombiniert und historische Ereignisse in gewisser Weise aus dem Kontext gerissen, da sie nunmehr der Ausgestaltung eines WCs dienen, einem Ort, der typischerweise nicht zum Verweilen und zur Reflexion einlädt. Dennoch ist über den Pissoirs ein Potpourrie aus Fotos und geschichtlichen Fakten angebracht, die den Nutzer über die Hintergründe aufklären sollen, was jedoch eher im Sinne von Entertainment gedacht ist und, mit Neil Postman gesprochen, als "Infotainment" eine tiefgründigere Mitteilungsebene vereitelt. Die Reste der Berliner Mauer werden somit zum Schauobjekt und im wahrsten Sinne des Wortes zur Stütze des Kapitalismus umgedeutet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen