Montag, 31. Mai 2010

Toilett meets Advertising

Das ganze nennt sich "Ambient Media" und nützt den Raum semi-öffentlicher Toiletten zu Werbezwecken. Der ursprüngliche Nutzen des WCs wird dadurch entlehnt für die Anpreisung eines Produktes, die Vermarktung eines Events oder zur Aufmerksamkeitsgenerierung für einen neuen Kinofilm. Die Werbung wird dabei an das bestehende Raumkonzept angepasst und so positioniert, dass sie die ganze Aufmerksamkeit beim Klogang auf sich zieht, um möglichst viele neue potenzielle Kunden zu gewinnen.

Die Toilette wird durch diese Entlehnung zum Ausstellunsgraum für etwas anderes als sich selbst und stellt somit eine Verbindung von verschiedenen Orten her, die auch außerhalb ihrer räumlichen Grenzen liegen. Durch die kulturellen Konventionen wird der Toilettennutzer nicht umhin kommen, eine kognitive Bresche zwischen seinem Alltagswissen und der Werbung zu schlagen. Der Effekt solcher Medienillustrationen kann auch für Bewusstseinsgenerierung außerhalb von Konsumgütern statt finden und Aufmerksamkeit auf soziale oder ökologische Themen lenken:

Sonntag, 30. Mai 2010

Knastfeeling inklusive

Bei diesen beiden öffentlichen Toiletten in Wien
herrscht offenkundig ein einheitliches Raumdesign,
das den Aufenthalt des Benutzers wohl so kurz wie
möglich gestalten soll:

- gefliester Boden und geflieste Wände
- ein WC aus Metall ohne Klobrille
- kein Klopapier
- keine Klobürste
- ein nicht funktionstüchtiges Waschbecken
- keine Papiertücher oder ähnliches zum
Händeabtrocknen
- kein Spiegel
- ein Gitter über der Kabine, damit man
nicht ins Nachbarklo linst
- eine Lüftungsanlage, die leider nicht
ausreichen funktioniert (Fäkalgeruch)
- schmierige Metalltüren, die schon länger
keinen Putzlappen mehr gesehen haben

Jeglicher Komfort, den ein semi-öffentliches WC
zumeist bietet, wurde hier bewusst entfernt und gar
nicht erst in die nüchterne, geordnete Raumkonzeption
eingeplant. Dadurch werden diese WC-Anlagen
eindeutig radikal zweckgerichtet und wohl von dem
Benutzer nach einem Mal nie wieder aufgesucht.
Durch das Fehlen von Toilettenpapier wird hier die
Notdurft zu einer prekären Angelegenheit und die
gesellschaftlichen Ideale des Klogangs können nur
bedingt erfüllt werden. Des Weiteren wird das
Übergangsritual zum Verlassen des Ortes
unterbunden, da das Waschbecken nicht
funktioniert und man sich zusätzlich nicht die
Hände abtrocknen könnte.

Die Zweckentfremdung wird somit auf eine
andere Art vollzogen und zwar in der Form von
Toilettensprüchen und unverständlichen Graffiti
auf der einzigen, nicht gut zu reinigen Fläche:
der Tür. Der „Aufstand der Zeichen“ bringt eine
gewisse Historizität in das nüchterne Raumgefüge
und verweist auf einen zeitlichen Bruch, da deren
Urheber bereits abwesend sind und sich die
Bedeutungsdechiffrierung vielen verweigert.
Dennoch können sie als Medien gesehen werden
und verweisen eindeutig auf ein Jenseits des
Raumes, wodurch diese Toilettenanlage
kein Nicht-Ort ist.

Samstag, 29. Mai 2010

Ein Blick hinter den Spiegel

Dieses von außen so unscheinbare Klo in den USA erweckt den Eindruck einer modernen Spiegelfassade, doch hat man dieses WC erst einmal betreten, bietet sich einem ein ganz anderes Bild ...

Man sitzt buchstäblich im Glashaus - nur mit dem kleinen Unterschied, das man die Laute draußen beobachtet und nicht umgekehrt. So kann man beim Verrichten seines Naturbedürfnisses anderen Leuten beim Flanieren zusehen und deren Tätigkeiten in aller Seelenruhe beobachten, während man selber nicht in Erscheinung tritt.

Die Umkehrung der Grundfunktion einer Toilettenkabine in der Form der Sichtbarmachung der Umwelt, vor der man sich ja eigentlich durch das Schließen der Toilettentüre zurückzieht, führt zu einer visuellen Nebeneinanderstellung von zwei verschiedenen Orten. Während man also eine private Tätigkeit erledigt, hat man durch die Glasscheiben freie Sicht auf das gesellschaftliche Leben um einen herum und ist somit ein passiver Teilnehmer daran. Obwohl der Benutzer für die anderen Passanten für kurze Zeit verschwindet, ist er dennoch inkognito an dem Treiben außerhalb beteiligt.

Besonders das Fehlen jeglicher Medien innerhalb der WC-Anlage und die nüchterne Raumkonzeption weißen auf eine fehlende Geschichtlichkeit und damit auch auf eine kommunikative Disfunktionalität hin. Man ist quasi nur für die Dauer seines Aufenthalts an diesem Ort und doch partizipiert man indirekt durch die Raumkonzeption am gesellschaftlichen Leben außerhalb, sodass man diese Toilette als einen modifizierten Nicht-Ort bezeichnen könnte. Hinter dem Spiegel der Äußerlichkeit versteckt sich ein Ort der praktizierten Einsamkeit ohne eigene Identität, der dennoch durch den Benutzer eine Ähnlichkeit zum Jenseits der Fassade erhält.

Freitag, 28. Mai 2010

Das Hundertwasserklo in Kawakawa



In dem beschaulichen Ort Kawakawa auf der Nordinsel Neuseelands steht direkt an der Hauptstraße des kleinen Städtchens eine etwas andere öffentliche WC-Anlage: Das berühmte Hundertwasserklo. Diese Toilezze ist nicht nur dazu da, den biologischen Imperativ auszuüben, sondern gleichsam eine Attraktion, die das Herz von Touristen und Kunstbegeisterten höher schlagen lässt. Mit bunten Glasfenstern aus Flaschen, verspielten Säulen, schiefen Fließen, unebenem Boden und einem Baum in der Mitte, der direkt durch das bepflanzte Dach ragt, ist dieses öffentliche WC mehr ein Kunstwerk als eine zweckgerichtete Toilette, obwohl diese Funktion immer noch erhalten ist. Hier erlebt der Besucher buchstäblich ein ganz anderes Gefühl des Wasserlassens, auch wenn das Reinigen dieser Anlage der reinste Horror für die Putzfrau sein muss. Durch den Tod Hundertwassers wurde diese Toilette mehr oder minder zum Museum und zur Pilgerstädte für seine Fans, wodurch das stille Örtchen mittlerweile alles andere als still ist. Das Hundertwasserklo produziert demgemäß bewusst einen Mehrwert, der jedoch aus dem primären Zweck rekurriert.

Um im Foucault'schen Sinne als Heterotopie zu gelten, könnte man bei dieser Toilettenanlage eine Art Übergangsritual in der gezielten Anfahrt der Touristen und in deren Erinnerungsfotos sehen, genauso wie die Konzeption von Natur innerhalb dieses Gebäudes in der Form von Bepflanzung die Nebeneinanderstellung von verschiedenen, eigentlich unverträglichen Orten symbolisiert. Der zeitliche Bruch vollzieht sich dabei in der Kreierung eines Ausstellungsraums als eine Art Kunstschrein für Hundertwasserfans und der Manifestierung Hundertwassers gesamten Schaffensstils innerhalb eines expliziten Werkes. Die historische Wandlung erstreckt sich dabei auf die Geschichte der Hygiene und deren Ort gewordenes Ideal in der Form einer öffentlichen WC-Anlage.

Das Problem mit der Notdurft....



Jeder wird sicherlich das Gefühl kennen, ganz dringend aufs Klo zu müssen und sich deswegen auf eine Art Wettrennen mit der Zeit (oder in diesem Falle der Blase) einlassen zu müssen, um erst einmal eine öffentliche Toilette zu finden, da diese oftmals in architektonische Nischen eingepasst werden. Der potenzielle Nutzer kommt somit nicht umhin, einigen Piktogrammen zu folgen, die ihm den Weg zum ersehnten Ziel weißen. Dabei unterliegen die Piktogramme genauso kulturellen Konventionen, wie die Toilettennutzung selber.

Doch leider hält sich nicht jeder an die Regeln der Toilettennutzung ...

Für viele ist deswegen eine öffentliche Toilette ein Ort des Grauens, der nur im absoluten Notfall aufgesucht wird. Er ist als unhygienisch, entwürdigend und ekelerregend verschrien und ist sogar in der Lage, psychologische Ängste wie die Paruresis ("schüchterne Blase") hervor zu rufen. In Japan sind deswegen auch laute Spühlgeräusche auf öffentlichen Toiletten zu hören, die dem Nutzer die Anwesenheit von anderen bei der Verrichtung der Notdurft erleichtern und die Ausübung einer privaten Sache im gesellschaftlichen Raum angenehmer gestalten sollen.

Definition


Im Folgenden versuchen wir zu erklären worum es uns in unsere Analyse geht und den zu untersuchenden, modernen Raum, die öffentlichen Toiletten, zu definieren.


Die Toilette (frz. Toile „Tuch“), auch Abort, Klo(sett) (frz. Closet), Latrine, OO oder WC (engl. water closet "Wasserklosett") ist eine sanitäre Vorrichtung zur Aufnahme von Körperausscheidungen (insbesondere Kot und Urin). Daneben wird der Raum, in dem sich eine solche Vorrichtung befindet, ebenfalls Toilette genannt. (http://de.wikipedia.org/wiki/Toilette)


Die Öffentlichkeit bezeichnet jenen gesellschaftlichen Bereich, der über den privaten, persönlichen, relativ begrenzten Bereich hinausgeht, für die Allgemeinheit offen und zugänglich ist.

Wir betrachten hier vor allem semi- öffentliche Toiletten. Das heißt: Toiletten mit Zugangsbeschränkung z.B. durch Mitgliedschaft, Eintrittsgelder oder Konsum.

Grundsätzlich wird man sich darüber einig sein, dass eine Toilette der Verrichtung der Notdurft dient und öffentlichen Toiletten somit die primäre Aufgabe zukommt, die Befriedigung eines Naturbedürfnisses in einem gesellschaftlichen Rahmen zu ermöglichen. Bei unseren Überlegungen ist uns aufgefallen, dass die Funktion des „stillen Örtchens“ sich zwar nicht gänzlich verändert, jedoch erheblich erweitert hat und genau diese Erweiterung, Änderung und Zweckentfremdung möchten wir in der nächste Zeit analysieren.

Donnerstag, 27. Mai 2010

Das Projekt


Wir vier (Lea, Lisa, Laura und Jasmin) sind Studentinnen der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Inszenierte Räume“ bei Herrn M.A. Thomas Waitz haben wir uns dazu entschlossen, diesen Blog ins Leben zu rufen, um unsere Ergebnisse bei der Analyse eines modernen Raumes zu dokumentieren und möglichst mit euch zu diskutieren. Bei der Suche nach einem modernen Raum, der in unser Analysekonzept passt, fiel die Wahl auf „öffentliche“ Toiletten.