Samstag, 29. Mai 2010

Ein Blick hinter den Spiegel

Dieses von außen so unscheinbare Klo in den USA erweckt den Eindruck einer modernen Spiegelfassade, doch hat man dieses WC erst einmal betreten, bietet sich einem ein ganz anderes Bild ...

Man sitzt buchstäblich im Glashaus - nur mit dem kleinen Unterschied, das man die Laute draußen beobachtet und nicht umgekehrt. So kann man beim Verrichten seines Naturbedürfnisses anderen Leuten beim Flanieren zusehen und deren Tätigkeiten in aller Seelenruhe beobachten, während man selber nicht in Erscheinung tritt.

Die Umkehrung der Grundfunktion einer Toilettenkabine in der Form der Sichtbarmachung der Umwelt, vor der man sich ja eigentlich durch das Schließen der Toilettentüre zurückzieht, führt zu einer visuellen Nebeneinanderstellung von zwei verschiedenen Orten. Während man also eine private Tätigkeit erledigt, hat man durch die Glasscheiben freie Sicht auf das gesellschaftliche Leben um einen herum und ist somit ein passiver Teilnehmer daran. Obwohl der Benutzer für die anderen Passanten für kurze Zeit verschwindet, ist er dennoch inkognito an dem Treiben außerhalb beteiligt.

Besonders das Fehlen jeglicher Medien innerhalb der WC-Anlage und die nüchterne Raumkonzeption weißen auf eine fehlende Geschichtlichkeit und damit auch auf eine kommunikative Disfunktionalität hin. Man ist quasi nur für die Dauer seines Aufenthalts an diesem Ort und doch partizipiert man indirekt durch die Raumkonzeption am gesellschaftlichen Leben außerhalb, sodass man diese Toilette als einen modifizierten Nicht-Ort bezeichnen könnte. Hinter dem Spiegel der Äußerlichkeit versteckt sich ein Ort der praktizierten Einsamkeit ohne eigene Identität, der dennoch durch den Benutzer eine Ähnlichkeit zum Jenseits der Fassade erhält.

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