Donnerstag, 10. Juni 2010

Ein individuelles Erlebnis, nicht nur für Opernliebhaber




Das Opernklo in der U-bahnpassage, Station Karlsplatz:

Diese semi-öffentliche Toilette sieht auch schon außen wie ein Opernsaal im Kleinformat aus und lädt dazu ein, sein Geschäft in gehobener, kultivierter Atmosphäre zu verrichten. Von außen wirkt es, als säße bzw. stehe man inmitten einer der besten Logenplätze mit bestem Blick auf die „Bühne“. Als Bühne ist hierbei der Eingang zu den Toiletten gemeint. Der Vorraum ist außerdem mit speziellem Licht, welches nur bei genauem Hinsehen zu erkennen ist, in Szene gesetzt. Zudem wird die Illusion des Opernbesuchs durch klassische Musik, natürlich von dem österreichischen Nationalheld schlechthin, Mozart, perfektioniert. Vermutlich ist es auch größtenteils der Musik zu verdanken, dass so viele Menschen dieses Klo aufsuchen. Ein Toilettenbesuch mit klassischer Musik ist offenbar für jeden etwas Neues und in Kombination der Opernfassade lässt man doch auch gerne mal 60 cent da. Ist der Preis einmal bezahlt und erfolgreich das Drehkreuz passiert, kann das Abenteuer Operntoilette eigentlich losgehen! Es lässt sich aber schnell feststellen, dass vor allem das Frauenklo relativ unspektakulär ist. Lediglich ein Bild am Ende des Raumes, Rosen und die Schilder „Loge1,2,3,…“ sind ein kleines, aber nicht zu aufregendes Highlight in dem sonst so schlich gehaltenen Toilettenraum. Die Männer haben dabei schon etwas mehr Action zu erwarten. Die normalen WC’s auch eher einfach gestaltet, brilliert vor allem der Raum, indem sich die Pissoirs befinden. Als „Toilet-Bar-Vienna“ bezeichnet ist es ein echtes Erlebnis, sich hier kurzzeitig aufzuhalten. Eine aus Fotografien simulierte Bar wirkt hier sehr einladend, vor allem weil das hier, wie draußen auf dem Schild vor der Operntoilette schon angekündigte, Klavier zu finden ist. Über den Pissoirs, die man hier fast schon als Barhocker bezeichnen könnte, befinden sich die „Getränke“ und „Gläser“ und man kann sogar Tafeln mit Getränkelisten entdecken. Leider stört hier nur ein wenig der Uringeruch, der selbst durch die Duftspender nicht klein zu kriegen ist. Generell kann man schon sagen, dass es ein Erlebnis ist, dieses Klo einmal zu besuchen, wenn auch für 60 cent für manche eventuell etwas überteuert.

Als Gemeinschaftsraum wie z.B. das WC des „Freiraum“ fungiert diese semi-öffentliche Toilette wohl eher nicht. Es ist eher als gesellschaftlich, individuelles Erlebnis anzusehen. Eine Attraktion, die man gern auch alleine genießen kann.

Zudem kann angemerkt werden, dass es auch hier zu einer Zweckerweiterung kam, da es ja in 1.Linie als Werbung für die Oper fungiert und vor allem Touristen in ihren Bann zieht. 60 Cent fände man wohl für eine normale, öffentliche Toilette eher überteuert und gäbe man auch vermutlich nicht so leichtfertig aus, nur um die Blase zu erleichtern.

Unserer Meinung nach könnte man auch das Opernklo als Ort bezeichnen, der einen 3.Ort begleitet, da es ja in gewisser Weise zur Oper gehört. Außerdem gehen wir auch davon aus, dass es überhaupt ein Ort ist, und nicht in die Kategorie „Nicht-Ort“ gesteckt werden sollte. Die Operntoilette ist in gewisser Weise künstlich mit Geschichte und Identität aufgeladen, durch den Aspekt, dass es ein Kleinformat der eigentlichen Staatsoper darstellt. Und auch hier sprechen wieder einige Punkte dafür, wie auch schon bei den anderen öffentlichen und semi-öffentlichen Toiletten, dass es sich hierbei um eine Heterotopie handelt, da hier ebenfalls mehrere Räume an einem einzigen Ort zusammenkommen. Oper und Toilette als Kombination hätte wohl so manch einer nicht erwartet.

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